Emissionsfreie
Schokolade
Dies
ist eine Art Reklame-Post. Keiner, für den ich bezahlt werde,
sondern einer, der das Bewußtsein für Alternativen zu
konventionellen Produkten wecken soll.
Vor
einigen Wochen fragte ich in unserem Eine-Welt-Laden in Rhede, ob sie
auch die 70% Schokolade von Tony's Chocolonely hätten. Das ist ein
holländisches Projekt, sklavenfreie Schokolade herzustellen, und die
Schokolade schmeckt wirklich ausnehmend gut. Da ich ja an der
holländischen Grenze lebe, ist es ein Katzensprung nach Winterswijk,
wo man in einem großen Supermarkt alle Sorten dieser Schokolade
bekommt.
Da
ich aber nicht immer Zeit habe, nach Winterswijk zu fahren, und da
auch nicht garantiert ist, daß die genau dann genau die 70%ige
Schokolade davon im Regal haben, fragte ich also im hiesigen
Eine-Welt-Laden, weil an der Kasse die Milchschokolade von Tony's
Chocolonely stand.
Bedauernd
mußte die Dame mir sagen, daß sie nur die Milchschokolade hätten,
ABER: Am Klumpensonntag käme die emissionsfreie Schokolade nach
Rhede, und die gäbe es auch als 75%ige Variante. Und was nicht
während des Klumpensonntags verkauft würde, würde dann im
Eine-Welt-Laden landen.
Ich
schaute ein wenig belämmert drein, weil ich keine Ahnung hatte,
wovon gerade die Rede war, und wurde darüber aufgeklärt, daß es
sich dabei um eine Schokolade handle, die aus fair angebauten
Kakaobohnen hergestellt werde, die per Segelschiff nach Holland und
von dort per Lastfahrrad nach Deutschland gebracht würden.
Natürlich
war mein Interesse sofort geweckt, und ich fieberte dem
Klumpensonntag entgegen.
Der
Klumpensonntag ist eine Art Bauernmarkt, der jedes Jahr im Oktober
hier stattfindet und sich um eben Klumpen dreht: Traditionelle
Holzschuhe.
Ein
Klumpenmacher führt sein Handwerk vor, es gibt eine
Trachten-Tanzgruppe (leider vom Aussterben bedroht) und eben alle
landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die man sich im Westmünsterland so
vorstellen kann.
Als
der große Tag endlich da war, verpaßte ich ihn.
Es
war trubelig und wir waren irgendwie anderweitig vereinnahmt, und als
mir einfiel, welcher Tag war, war alles schon vorbei.
Also
eilte ich in der Woche drauf zum Eine-Welt-Laden, überzeugt, viel zu
spät zu kommen und nur noch müdes Lächeln zu ernten.
Doch
offenbar reißen sich die Leute nicht so sehr um die emissionsfreie
Schokolade, wie ich dachte: es war noch jede Menge vorrätig.
Eine
90g Tafel kostet 2,80 Euro, was ich ehrlich gesagt erstaunlich
günstig finde, wenn man den Aufwand bedenkt, den es macht, die
Schokolade zu produzieren und unters Volk zu bringen.
Klar,
eine lila Tafel à 100g ist billiger, aber - sie ist eben auch
billiger. In jeder Hinsicht. Außer für die unglücklichen Menschen,
die die Kakaobohnen ernten und nicht einmal wissen, wie Schokolade
schmeckt. Deswegen ist sie ja für uns so billig. Wer sich, wie ich,
den Appetit auf konventionelle Schokolade verderben will, kann sich
einmal auf youtube die Doku "Schmutzige Schokolade"
anschauen.
Zurück
zur emissionsfreien Schokolade.
Unter
schokofahrt.de kann man sich einmal anschauen, was es damit auf sich
hat.
Der
Kakao kommt aus der Dominikanischen Republik, wird von den Machern
Rodney und Enver direkt bei den Bauern gekauft und mit dem
Segelschiff "Tres Hombres" nach Holland transportiert.
In
Amsterdam wird dann die Schokolade hergestellt:
www.chocolatemakers.nl
Und
die fertigen Tafeln werden schließlich per Lastenfahrrad an ihre
Bestimmungsorte gebracht.
Die
75%ige Schokolade ist glutenfrei, kann jedoch Spuren von Laktose
enthalten.
Ich
konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und das erste Stückchen
zu probieren, und meine Erwartung wurde nicht enttäuscht.
Selten
habe ich eine so fruchtige Schokolade gegessen mit einer solchen
Vielfalt an verschiedenen Aromen, ohne daß irgendetwas zugesetzt
worden wäre. Die Zutaten sind einfach nur Kakaobohnen und -nibs,
Zucker und Kakaobutter.
Das
Geheimnis, weshalb Schokolade auf der Zunge schmilzt und weshalb
selbst hergestellte Schokolade meistens eher irgendwie griselig und
pudrig schmeckt, besteht im sogenannten Conchieren.
Um
der Schokoladenmasse genug Restfeuchte zu entziehen, daß der Zucker
nicht wieder kristallisiert und die Fettanteile dazwischen so etwas
wie Krümel bilden, hat der schweizer Chocolatier Rodolphe Lindt -
ja, genau der - 1879 eine Maschine namens Conche erfunden.
Durch
das Conchieren, das Walzen der Schokoladenmasse bei einer steten
Temperatur von ca. 78 Grad, verdunstet die Restfeuchte, und die Masse
wird homogen, weshalb die feste Schokolade dann schmelzend und nicht
krümelig ist.
Die
emissionsfreie Schokolade wird sorgfältig conchiert, weshalb sie
ohne irgendwelche Emulgatoren und Zusätze wunderbar schmelzend ist.
Und
wie gesagt - die Aromen sind phänomenal, daher ist die Schokolade
unglaublich, und man ist nach zwei Stückchen satt und zufrieden.
Ach
ja - und die komplette Verpackung ist kompostierbar.
Das
Fazit?
Schokolade
ist eines der wunderbarsten Genußmittel, die ich kenne. Leider wird
sie für viele zum Massen-Konsumgut, das gedankenlos hinein gestopft
wird, als Ersatz für irgendetwas, ohne dabei wirklich echten Genuß
zu bieten. Im schlimmsten Fall wird sie sogar zum Suchtmittel.
Eine
richtige Schokolade, die von der Aromenvielfalt der Kakaobohnen
selbst lebt, ohne durch Vanillin und viel zu viel Zucker süchtig zu
machen, kommt mit wenigen Zutaten aus und soll ruhig mehr kosten als
das lila Suchtmittel. Damit haben alle gewonnen: Die Bauern, die
daran fair verdienen, die Umwelt, und der Konsument, der zum Genießer
wird und in jeder Hinsicht ein gutes Gewissen haben kann, wenn er
genießt.
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